6-streifiger Ausbau der Bundesautobahn A 10
im Land Berlin (Berlin-Pankow)

Untersuchung zur Lärmvorsorge gemäß 16. BImSchV
im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens

Zusammenfassung

Gegenstand der durchgeführten Schalltechnischen Untersuchung sind der geplante 6‑streifige Ausbau der BAB A 10 Berliner Ring (Nord) sowie die hiermit verbundenen Baumaßnahmen im Bereich des AD Pankow und der BAB A 114. Es werden nur Baustrecken behandelt, die innerhalb des Landes Berlin, Bezirk Pankow, liegen. Baustrecken innerhalb des Landes Brandenburg werden in Brandenburg planfestgestellt und hier nicht untersucht.

Die beiden auf das Land Berlin entfallenden Baustrecken im Zuge

·          der BAB A 10 (5,340 km lang) und

·          der BAB A 114 (stadteinwärts 0,825 km und stadtauswärts 0,665 km lang)

sind wegen des Verlaufs der Landesgrenze am AD Pankow räumlich voneinander getrennt. Gleichwohl besteht zwischen den beiden Baustrecken ein unmittelbarer baulich-verkehrlicher Zusammenhang. Daher ist es sinnvoll, die Auswirkungen der geplanten Baumaßnahmen in einer gemeinsamen Schalltechnischen Untersuchung darzustellen.

Im Sinne der Verkehrslärmschutzverordnung ‑ 16. BImSchV stellen die vorgesehenen Baumaßnahmen eine „wesentliche Änderung“ dar. Hieraus ergibt sich ein grundsätzlicher Anspruch auf Lärmvorsorge unter Anwendung der gesetzlichen Immissionsgrenzwerte.

Die vorliegende Schalltechnische Untersuchung umfasst die folgenden Arbeitsschritte:

·          Berechnung der zukünftigen Schallimmissionen an allen maßgebenden Immissionsorten im Einwirkungsbereich der Baustrecken,

·          Vergleich der Beurteilungspegel mit den anlagen‑ und gebietsbezogenen Immissionsgrenzwerten gemäß 16. BImSchV,

·          Abwägung zwischen aktivem und passivem Schallschutz im Konfliktfall,

·          Entwurf und Dimensionierung aktiver Schallschutzmaßnahmen

und schließlich

·          Ermittlung aller Gebäudeseiten und Außenwohnbereiche mit Anspruchsberechtigung auf passiven Schallschutz „dem Grunde nach“ beziehungsweise auf Entschädigung wegen verbleibender Beeinträchtigungen.

Grundlage der Untersuchung ist das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) in Verbindung mit der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) und der Verkehrswege-Schallschutzmaßnahmenverordnung (24. BImSchV). Das Rechenverfahren ist in den Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen (RLS‑90) festgelegt.

Es handelt sich gemäß Regelwerk um eine ingenieurmäßige, keine lärmmedizinische Untersuchung. Lärmpsychologische und ‑physiologische Gesichtspunkte werden nicht angesprochen.

Der Untersuchungsraum umfasst alle schutzbedürftigen Objekte im Land Berlin, auf welche der vom Verkehr im Planfeststellungsabschnitt und den angrenzenden Zu- und Abfahrten ausgehende Lärm ausstrahlt. Hierbei können sechs räumlich getrennte Bereiche unterschieden werden:

·          Kleingartenanlage Birkengrund e.V. (östlich der BAB A 114)

·          Wohnhäuser Schönerlinder Straße 20, 20A, 21, 21A, 22 ff (nördlich der BAB A 10)

·          Wohnhäuser und andere schutzbedürftige Objekte im Geltungsbereich des B-Plans XVIII-20a Karow-Nord (südlich der BAB A 10)

·          Wohnhäuser und andere schutzbedürftige Objekte westlich der Karower Chaussee in der Friedrich-Richter-Straße, Wolfgang-Heinz-Straße, Bruno-Apitz-Straße und Ernst-Busch-Straße (nördlich der BAB A 10)

·          Wohnhäuser, andere schutzbedürftige Objekte und Kleingartenanlagen zwischen der Karower Chaussee und der Landesgrenze (nördlich der BAB A 10)

·          Wohnhäuser zwischen der Bucher Chaussee und der Landesgrenze (südlich der BAB A 10)

Mit Ausnahme der Großsiedlung Karow-Nord sind in den genannten Gebieten keine Bebauungspläne festgestellt. Dort werden die Schallimmissionen gemäß der Schutzbedürftigkeit beurteilt. In Karow-Nord gelten die Festsetzungen des Bebauungsplans.

·          Für die vorhandenen und rechtlich zulässig genutzten Kleingartenanlagen mit Gartenhäusern, die nicht dauernd zum Wohnen genutzt werden dürfen, wird der Immissionsgrenzwert gemäß 16. BImSchV, § 2 Absatz 1 Nr. 3 in Kerngebieten, Dorfgebieten und Mischgebieten für den Beurteilungszeitraum tags 64 dB(A) herangezogen.

·          Für die Wohnhäuser in der Schönerlinder Straße gelten die Immissionsgrenzwerte gemäß 16. BImSchV, § 2 Absatz 1 Nr. 3 in Kerngebieten, Dorfgebieten und Mischgebieten tags 64 dB(A) und nachts 54 dB(A). Diese Einstufung trägt der dortigen Gemengelage Rechnung, die aus der unmittelbaren Nachbarschaft der Nutzungen „Wohnen“ und „Gewerbe“ folgt.

·          Für Wohnhäuser in den anderen Gebieten werden die Immissionsgrenzwerte gemäß 16. BImSchV, § 2 Absatz 1 Nr. 2 in reinen und allgemeinen Wohngebieten und Kleinsiedlungsgebieten tags 59 dB(A) und nachts 49 dB(A) angesetzt. Dies entspricht im Bereich Karow-Nord (Wohnhäuser im Einzugsbereich der Pfannschmidtstraße) den Festsetzungen des Bebauungsplans XVIII‑20a.

·          Für diverse Schulen, zahlreiche Kindertagesstätten und das zentrale Gebäude der Robert-Rössle-Klinik gelten die Immissionsgrenzwerte gemäß 16. BImSchV, § 2 Absatz 1 Nr. 1 an Krankenhäusern, Schulen, Kurheimen und Altenheimen für den Beurteilungszeitraum tags 57 dB(A) und nachts 47 dB(A), sofern innerhalb dieses Beurteilungszeitraumes eine schutzbedürftige Nutzung vorliegt.

·          Zahlreiche andere Gebäude sind entweder nicht schutzbedürftig (z. B. Turn- und Sporthallen, Kaufhallen) oder liegen so weit entfernt, dass Immissionskonflikte dort ausgeschlossen sind. Sie können demnach unberücksichtigt bleiben. Dies betrifft insbesondere Gebäude mit gewerblicher oder quasi-gewerblicher Nutzung auf dem Campus Berlin-Buch sowie zwei weitere Krankenhauskomplexe an der Hobrechtsfelder Chaussee.

           Nicht schutzbedürftig im Sinne der 16. BImSchV sind schließlich ausgedehnte Flächen im Zuständigkeitsbereich der Berliner Forsten (Erholungswald, Grünflächen oder ähnliche Flächen) auf beiden Seiten der BAB A 10.

Die Berechnung der Emissionspegel stützt sich auf die Verkehrsprognose 2015 der Fa. IVV GmbH. Die dort angegebenen Verkehrsbelastungen haben die Dimension „Kfz-Verkehr an Werktagen je Tag (DTVw)“ und werden in DTV-Werte umgerechnet.

Für die BAB A 10 gilt die richtungsbezogene Durchschnittliche Tägliche Verkehrsstärke DTV = 31.800 Kfz / 24h. Die maßgebenden Verkehrsstärken und Lkw-Anteile werden gemäß Zeile 1, Tabelle 3 der RLS‑90 angesetzt. Die Pauschalansätze der RLS‑90 liegen auf der sicheren Seite.

Die zulässigen Höchstgeschwindigkeiten betragen auf der BAB A 10 für PKW 130 km/h und für LKW 80 km/h. Die Fahrbahnoberflächen werden durchgängig lärmmindernd ausgeführt. Dies wird bei der Emissionsberechnung durch den Korrekturwert DStrO = ‑ 2,0 dB(A) berücksichtigt.

Die Berechnung der Beurteilungspegel aus den Emissionspegeln erfolgt nach dem Teilstückverfahren gemäß RLS‑90 mit dem Programmsystem IMMI Vers. 5.515 a2 der Fa. Wölfel GmbH. Dieses Programm arbeitet regelkonform und erfüllt nachweislich die Testaufgaben „TEST 94“.

Zunächst werden die Beurteilungspegel in einem Szenario ohne aktiven Schallschutz berechnet. Sodann werden auf Grundlage dieser Ergebnisse die erforderlichen Schallschutzmaßnahmen entwickelt. Schließlich wird die Berechnung der Beurteilungspegel mit den aktiven Maßnahmen wiederholt.

Die Ergebnisse der Untersuchung sind wie folgt:

a) Ergebnisse ohne aktiven Schallschutz

·          Auf den Parzellen der Kleingartenanlage Birkengrund wird der gültige Immissionsgrenzwert für den Beurteilungszeitraum tags an allen Immissionsorten eingehalten. Vor diesem Hintergrund kann dort keine Anspruchsberechtigung auf Maßnahmen der Lärmvorsorge entstehen.

           Für diese Immissionsorte ist die Schalltechnische Untersuchung beendet.

·          An den Wohnhäusern in der Schönerlinder Straße wird der Immissionsgrenzwert für den Beurteilungszeitraum tags eingehalten. Während des Beurteilungszeitraums nachts treten Immissionsgrenzwertüberschreitungen bis zu 3 dB(A) auf. Auf einer zugehörigen Gartenparzelle wird der Immissionsgrenzwert für tags um 1 dB(A) überschritten.

           Aufgrund der Vorbelastung durch den benachbarten Gewerbestandort bieten in diesem Fall ‑ bezogen auf Menschen innerhalb der Gebäude ‑ passive Maßnahmen einen höherwertigen Schutz als eine aktive Maßnahme. Daher wird vorgeschlagen, an der BAB A 10 keine aktive Maßnahme vorzusehen. Aus den Immissionsgrenzwertüberschreitungen entsteht also Anspruchsberechtigung auf passiven Lärmschutz dem Grunde nach.

·          In den anderen untersuchten Bereichen ist der Einsatz aktiver Schallschutzmaßnahmen unerlässlich.

b) Entwurf aktiver Maßnahmen

Aktive Maßnahmen sind im östlichen Teilabschnitt der Baustrecke vorzusehen. Sie liegen auf beiden Seiten der BAB A 10. Aufgrund der örtlichen Gegebenheiten (überwiegend Dammlage, teilweise sehr geringer Bebauungsabstand) kommen dort nur Lärmschutzwände in Betracht.

Bei der Festlegung von Höhe und Längsausdehnung der Lärmschutzwände sind gewisse Randbedingungen zu beachten. Diese betreffen

·          den Horizontalabstand zwischen den Lärmschutzwänden und dem Fahrbahnrand,

·          die maximalen Wandhöhen,

·          die Höhenabstufungen,

·          den erforderlichen seitlichen Überstand

sowie

·          die Reflexionseigenschaften der Oberflächen.

Aus dem Vergleich zwischen der im Einzelfall erforderlichen Pegelminderung und dem physikalisch Machbaren wird das Schutzziel definiert, an möglichst vielen Immissionsorten die Immissionsgrenzwerte für den Beurteilungszeitraum tags einzuhalten. Bei verbleibenden Immissionsgrenzwertüberschreitungen sind passive Schutzmaßnahmen vorzusehen.

In Optimierungsrechnungen werden zwei Lärmschutzwände entworfen. Deren Höhen erreichen im Maximum 7,50 m.

Die Lärmschutzwand „Süd“ (an der südlichen Seite der BAB A 10) beginnt an der S‑ und Fernbahnbrücke (zwischen den S-Bf. Karow und Buch) und endet wegen des erforderlichen Überstands hinter der Landesgrenze im Land Brandenburg. Die Länge innerhalb des Landes Berlin beträgt 1.768 m. Der sich anschließende Abschnitt innerhalb des Landes Brandenburg ist 140 m lang.

Die Lärmschutzwand „Nord“ beginnt an der Autobahnbrücke über die Panke und endet hinter der Landesgrenze. Sie wird im Land Brandenburg in einen dort geplanten Lärmschutzwall eingebunden. Bis zur Landesgrenze ist die Wand 1.540 m lang.

Die beiden vorgesehenen Lärmschutzwände weisen eine größere Höhe und Länge auf als die Ende der 90-iger Jahre im Rahmen der Lärmsanierung errichteten Wände. Die zukünftigen Lärmschutzwände sind dadurch wirksamer als die bisherigen Wände. Dies trägt den weitaus höheren Anforderungen der Lärmvorsorge im Vergleich zur Lärmsanierung Rechnung. Eine darüber hinaus gehende Verbesserung ist unter den vorliegenden Randbedingungen nicht mehr erzielbar.

c) Ergebnisse mit aktivem Schallschutz

Durch Errichtung der beiden Lärmschutzwände wird eine ganz erhebliche Verbesserung der Schallimmissionsverhältnisse erzielt. Dies führt dazu, dass

·          die Höhe der jeweiligen Immissionsgrenzwertüberschreitungen,

·          die Anzahl der Gebäude mit Immissionsgrenzwertüberschreitungen während des Beurteilungszeitraums tags und nachts sowie

·          die Anzahl der Freiflächen (unbebaute Außenwohnbereiche) mit Immissionsgrenzwertüberschreitung tags

drastisch vermindert werden.

Auf den Kleingartenparzellen wird der geltende Immissionsgrenzwert für tags ausnahmslos eingehalten.

Verbleibende Immissionsgrenzwertüberschreitungen an Wohnhäusern liegen während des Beurteilungszeitraums tags zwischen 1 dB(A) und maximal 4 dB(A). Die Überschreitungen treten an 22 Objekten im Einwirkungsbereich der Baustrecke auf.

Auf den zugehörigen unbebauten Außenwohnbereichen betragen die Immissionsgrenzwertüberschreitungen im Höchstfall 2 dB(A). Dies betrifft 14 Grundstücke.

Während des Beurteilungszeitraums nachts liegen die verbleibenden Immissionsgrenzwertüberschreitungen an Wohnhäusern zwischen 1 dB(A) und maximal 9 dB(A). Hiervon sind insgesamt 143 Objekte betroffen.

Schließlich treten an drei Kindertagesstätten im Einwirkungsbereich der Baustrecke tagsüber Immissionsgrenzwertüberschreitungen auf. Sie betragen im Maximum 2 dB(A). Auf den Freiflächen von zwei dieser Kindertagesstätten treten ebenfalls Grenzwertüberschreitungen bis zu 2 dB(A) auf.

Beim Auftreten von Immissionsgrenzwertüberschreitungen entsteht Anspruchsberechtigung auf Kostenerstattung für passiven Schallschutz „dem Grunde nach“ beziehungsweise auf Entschädigung wegen verbleibender Beeinträchtigungen durch Lärmeinwirkungen auf das Wohngebäude und das zuzurechnende Grundstück, für die bauliche Schutzmaßnahmen an der Autobahn oder an der baulichen Anlage keine oder keine ausreichende Abhilfe bringen.

Aus der Anspruchsberechtigung dem Grunde nach ergibt sich eine tatsächliche Anspruchsberechtigung, wenn eine schutzbedürftige Nutzung vorliegt und die vorhandene Schalldämmung nicht ausreicht.

Die Prüfung der vorhandenen Schalldämmung und die Festlegung von Art und Umfang der passiven Schallschutzmaßnahmen, insbesondere der erforderlichen Schalldämmung der Fenster, erfolgen im Rahmen eines getrennt vom Planfeststellungsverfahren durchzuführenden Entschädigungsverfahrens. Hierzu sind eine Raumbegehung und die Zusammenarbeit mit den Eigentümern erforderlich.


Abriss des Regelwerks

Die maßgebende Beurteilungsgröße für Straßenverkehrsgeräusche ist im deutschen Regelwerk der Beurteilungspegel Lr,T für die 16-stündige Tagzeit zwischen 6:00 Uhr und 22:00 Uhr beziehungsweise Lr,N für die 8-stündige Nachtzeit zwischen 22:00 Uhr und 6:00 Uhr. Die Maßeinheit ist das Dezibel(A). Trotz der grundsätzlichen Problematik, ein unregelmäßig schwankendes Geräusch durch einen Einzahlwert zu beschreiben, ist nach Ergebnissen der Lärmwirkungsforschung davon auszugehen, dass der Beurteilungspegel die Wirkung von Verkehrslärm auf den Menschen zwar nicht in allen Aspekten erfasst, jedoch gegenwärtig keine besser geeignete, vergleichbar einfache Methode zur Verfügung steht.

Der Beurteilungspegel wird auf der Basis verkehrlicher Daten ausschließlich rechnerisch ermittelt. Das entsprechende Verfahren ist in Anlage 1 zu § 3 der Verkehrslärmschutzverordnung ‑ 16. BImSchV beziehungsweise in den „Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen ‑ RLS-90“ verbindlich festgelegt. Messungen zur Feststellung der Lärmbelastung oder zur Überprüfung von Schutzmaßnahmen sind im Regelwerk nicht vorgesehen.

Beim Bau oder der wesentlichen Änderung öffentlicher Straßen sowie von Schienenwegen der Eisenbahnen und Straßenbahnen ist sicherzustellen, dass der Beurteilungspegel in der Nachbarschaft einen der Immissionsgrenzwerte gemäß § 2 der 16. BImSchV nicht überschreitet. Diese sind nach der Art der Anlagen beziehungsweise nach der Einstufung des Gebietes gestaffelt und in der nachstehenden Tabelle zusammengefasst. Die jeweiligen Tag- und Nachtwerte unterscheiden sich um 10 dB(A).

Gemäß § 2 Absatz 2 der 16. BImSchV ergibt sich die Art der schutzbedürftigen Anlagen und Gebiete aus den Festsetzungen in Bebauungsplänen. Anlagen und Gebiete, für die keine Festsetzungen bestehen, sind entsprechend der Schutzbedürftigkeit aus einem Vergleich mit den aufgeführten Anlagen und Gebieten zu beurteilen. Ein Bezug auf Flächennutzungspläne ist nicht vorgesehen. Andere als die festgelegten Immissionsgrenzwerte dürfen nicht herangezogen werden; eine Anpassung ist unzulässig. Wird die zu schützende Nutzung nur am Tage oder nur in der Nacht ausgeübt, so ist nur der Immissionsgrenzwert für diesen Zeitraum anzuwenden.

Art der zu schützenden Nutzung

Immissionsgrenzwerte (IGW)

Anlagen und Gebiete

Tags

nachts

1. an Krankenhäusern, Schulen, Kurheimen und
Altenheimen (SO / besonders schutzbedürftig)

57 dB(A)

47 dB(A)

2.  in reinen und allgemeinen Wohngebieten und Kleinsiedlungsgebieten (WR, WA, WS)

59 dB(A)

49 dB(A)

3.  in Kerngebieten, Dorfgebieten und Mischgebieten (MK, MD, MI)

64 dB(A)

54 dB(A)

4.  in Gewerbegebieten (GE)

69 dB(A)

59 dB(A)

Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung (Vorsorgegrenzwerte).

Für Immissionsorte, an denen die geltenden Immissionsgrenzwerte eingehalten werden, ist die Untersuchung beendet.

Ein Überschreiten der Immissionsgrenzwerte soll vorrangig durch Schallschutzmaßnahmen an der Straße verhindert werden („aktiver Schallschutz“). Aktive Maßnahmen des Schallschutzes sind lärmmindernde Fahrbahnbeläge, Wälle und Wände, Einschnitts‑ und Troglagen, Teil‑ und Vollabdeckungen sowie Einhausungen. Verkehrspolitische und verkehrsrechtliche Maßnahmen werden nicht zu den aktiven Maßnahmen gerechnet.

Aktiver Schallschutz kann unterbleiben, wenn die Kosten der Schallschutzmaßnahmen an der Straße außer Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck stehen. Aktiver Schallschutz kann ebenfalls unterbleiben, wenn die Anlagen zum Schallschutz mit dem Vorhaben unvereinbar sind.

Die Leistungsfähigkeit aktiver Maßnahmen ist grundsätzlich begrenzt. Wenn aktiver Schallschutz zwar möglich ist, die erzielbare Pegelminderung aber nicht ausreicht, kann eine Kombination von aktiven und passiven Schallschutzmaßnahmen in Betracht kommen. Nicht zuletzt im Hinblick auf die Nutzung der bebauten und unbebauten Außenwohnbereiche wird hierbei angestrebt, durch aktiven Schallschutz zumindest die Immissionsgrenzwerte für den Beurteilungszeitraum tags einzuhalten.

Wenn aktiver Schallschutz unterbleibt oder trotz aktiven Schallschutzes die gültigen Immissionsgrenzwerte nicht eingehalten werden können, sind gemäß den Regelungen der Verkehrswege-Schallschutzmaßnahmenverordnung ‑ 24. BImSchV erforderlichenfalls bauliche Verbesserungen an den Umfassungsbauteilen schutzbedürftiger Räume vorzunehmen, um die Einwirkungen von Verkehrslärm zu mindern („passiver Schallschutz“). Deren Ziel ist, zumindest innerhalb von Gebäuden ein hinreichendes Schutzniveau zu gewährleisten. In der Regel wird es sich hierbei um die Verbesserung der Fensterschalldämmung handeln, wenn das vorhandene Fensterschalldämm-Maß nicht den geforderten Wert aufweist. Im Falle von Schlafräumen oder Räumen mit sauerstoffverbrauchender Energiequelle gehört zu den Schallschutzmaßnahmen der Einbau von Lüftungseinrichtungen. Diese sollen auch bei geschlossenen Fenstern eine ausreichende Frischluftzufuhr sicherstellen. Lüftungseinrichtungen sind auch dann vorzusehen, wenn die erforderliche Schalldämmung der schutzbedürftigen Räume ohne zusätzliche Schallschutzmaßnahmen bereits vorhanden ist.

Sofern die Immissionsgrenzwertüberschreitungen ausschließlich während des Beurteilungszeitraumes nachts auftreten, gewährleisten richtig dimensionierte passive Schallschutzmaßnahmen nicht nur einen hinreichenden, sondern auch einen umfassenden Schutz von Menschen innerhalb von Schlafräumen.

Schallschutzmaßnahmen im Sinne der 24. BImSchV sind nicht erforderlich, wenn eine bauliche Anlage

·          zum Abbruch bestimmt ist

oder

·                 bei der Auslegung der Pläne im Planfeststellungsverfahren noch nicht genehmigt war oder sonst nach den baurechtlichen Vorschriften mit dem Bau noch nicht begonnen werden durfte.

Bei verbleibenden Beeinträchtigungen durch Überschreiten der Immissionsgrenzwerte auf Flächen, die zum „Wohnen im Freien“ geeignet und bestimmt sind (bebaute und unbebaute Außenwohnbereiche), besteht nach § 74 Abs. 2 VwVfG ein Entschädigungsanspruch in Geld.


Gegenwärtige und zukünftige Schallimmissionsverhältnisse im Vergleich

Die im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens durchgeführte Schalltechnische Untersuchung beschreibt im Einklang mit den Vorschriften der 16. BImSchV nur den endgültigen Zustand nach Abschluss der Baumaßnahmen (Planungsfall). Dieser ist durch den zukünftigen Verkehr auf der 6‑streifig ausgebauten BAB A 10 gekennzeichnet. Die Schalltechnische Untersuchung führt also keinen Vergleich zwischen den derzeitigen und zukünftigen Schallimmissionsverhältnissen durch und äußert sich nicht zur Veränderung der Lärmbelastung im Einwirkungsbereich der Baustrecken. Gerade diese Frage dürfte aber für die Anwohner von besonderem Interesse sein.

Eine Veränderung der Lärmbelastung wird sich ergeben

·          durch die Zunahme der Verkehrsstärke vom heutigen Niveau auf das Niveau des Jahres 2015 (zeitlicher Horizont der Prognose),

·          durch die vorgesehene Verbesserung der Fahrbahnoberflächen,

·          durch die Aufweitung des Querschnitts und die Veränderungen der Trassierung (Änderung von Achse und Gradiente)

sowie

·          durch die Verbesserung des aktiven Schallschutzes.

Die entsprechenden Einflüsse auf die Lärmbelastung sind sehr unterschiedlich. Die entsprechende Untersuchung führt zu folgenden Ergebnissen:


a)         Anteiliger Einfluss der Verkehrsstärke

Der Anstieg der Verkehrsmengen von 2001 auf 2015 bei sonst gleichen Bedingungen - insbesondere bei gleicher Fahrbahnoberfläche - führt zu einem Anstieg der Emissionspegel um 2,5 dB(A) tags und um 2,8 dB(A) nachts.

Exakt diese Mehrbelastung würde sich nun an allen Immissionsorten im Einwirkungsbereich der Autobahn einstellen, wenn der 6-streifige Ausbau der Autobahn unterbliebe, sich der Verkehr aber so entwickeln würde wie prognostiziert (fiktiver Nullfall).


b)         Anteiliger Einfluss der Fahrbahnoberfläche

Der Einsatz eines lärmmindernden Fahrbahnbelages anstelle der ursprünglichen Betonfahrbahnen führt zu einer Verminderung der Schallemissionen. Dies wird bei der Berechnung der Emissionspegel durch den zukünftig geltenden Korrekturwert DStrO = ‑ 2 dB(A) anstelle des bislang geltenden Korrekturwertes DStrO = + 2dB(A) berücksichtigt. Die Differenz zwischen Bonus und Malus beträgt 4 dB(A) zugunsten der lärmmindernden Fahrbahnen.

Die Verbesserung der Fahrbahnoberfläche wirkt also der Zunahme der Emissionspegel aufgrund der verkehrlichen Entwicklung entgegen. Hierbei ist die Minderung infolge des lärmmindernden Fahrbahnbelages größer als die Verstärkung durch die Zunahme des Verkehrs.


c)         Anteiliger Einfluss der Trassierung und der Gradiente,
            Anteiliger Einfluss der Lärmschutzwände

Diese Einflüsse lassen sich nicht so einfach angeben wie die anteiligen Einflüsse der Fahrbahnoberflächen oder der verkehrlichen Entwicklung auf den Emissionspegel. Hintergrund ist, dass die Wirkung der Trassierungsänderungen, insbesondere aber die Wirkung der verbesserten Lärmschutzwände von Ort zu Ort ganz unterschiedlich sind und daher nicht pauschal, sondern nur immissionsortbezogen beurteilt werden können.


d)        Gesamtbetrachtung (alle Einflüsse)

Die Berechnung der gegenwärtigen und zukünftigen Schallimmissionen kommt zu dem Ergebnis, dass der Ausbau der Autobahn an allen Immissionsorten im Einwirkungsbereich zu einer Minderung der Beurteilungspegel führt.

Die Verbesserung der Schallimmissionsverhältnisse beträgt mindestens 1,4 dB(A) tags und 1,1 dB(A) nachts. Dies gilt in Bereichen, in denen derzeit keine aktiven Maßnahmen vorhanden sind und auch zukünftig nicht vorgesehen sein werden.

Die Verbesserung beträgt im Maximum 14,4 dB(A) tags. Diese enorme Verbesserung wird auf einigen dicht an der Autobahn liegenden Kleingartenparzellen erreicht, die zukünftig durch eine Lärmschutzwand geschützt sein werden.

An den meisten Wohnhäusern in der Nachbarschaft werden Verbesserungen zwischen 4 dB(A) und 7 dB(A) erzielt. Die Maxima erreichen 8 dB(A).

An den beiden Kindertagesstätten Röländer Str. 46 und Busonistr. 145 wird eine Verbesserung um gut 4 dB(A) erreicht. Dies gilt auch für die dortigen Freiflächen.