Untersuchungen beim Bau oder der wesentlichen Änderung von Straßen und Schienenwegen

Abriß des Regelwerks


Grundlage der Schalltechnischen Untersuchungen ist das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) in Verbindung mit der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) und der Verkehrswege-Schallschutzmaßnahmenverordnung (24. BImSchV). Die Beurteilungspegel werden rechnerisch ermittelt. Das entsprechende Rechenverfahren ist in den Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen (RLS-90) beziehungsweise der Richtlinie zur Berechnung der Schallimmissionen von Schienenwegen (Schall 03) festgelegt.

Beim Bau oder der wesentlichen Änderung öffentlicher Straßen sowie von Schienenwegen der Eisenbahnen und Straßenbahnen ist sicherzustellen, daß der Beurteilungspegel in der Nachbarschaft einen der Immissionsgrenzwerte gemäß § 2 der 16. BImSchV nicht überschreitet. Diese sind nach der Art der Anlagen beziehungsweise nach der Einstufung der Gebiete gestaffelt und in der nachstehenden Tabelle zusammengefaßt. Die jeweiligen Tag- und Nachtwerte unterscheiden sich um 10 dB(A).


Art der zu schützenden Nutzung
(Anlagen und Gebiete)

Immissionsgrenzwerte (IGW)

tags

nachts

an Krankenhäusern, Schulen, Kurheimen und Altenheimen

57 dB(A)

47 dB(A)

in reinen und allgemeinen Wohngebieten und Kleinsiedlungsgebieten

59 dB(A)

49 dB(A)

in Kerngebieten, Dorfgebieten und Mischgebieten

64 dB(A)

54 dB(A)

in Gewerbegebieten

69 dB(A)

59 dB(A)


Nach § 2, Absatz 2 der 16. BImSchV ergibt sich die Art der schutzbedürftigen Anlagen und Gebiete aus den Festsetzungen in Bebauungsplänen. Anlagen und Gebiete, für die keine Festsetzungen bestehen, sind entsprechend der Schutzbedürftigkeit zu beurteilen. Andere als die festgelegten Immissionsgrenzwerte dürfen nicht herangezogen werden; eine "Anpassung" ist unzulässig.

Gemäß § 1 der 16. BImSchV ist eine Änderung wesentlich,

"wenn

1. eine Straße um einen oder mehrere durchgehende Fahrstreifen für den Kraftfahrzeugverkehr oder ein Schienenweg um ein oder mehrere durchgehende Gleise baulich erweitert wird oder

2. durch einen erheblichen baulichen Eingriff der Beurteilungspegel des von dem zu ändernden Verkehrsweg ausgehenden Verkehrslärms um mindestens 3 Dezibel(A) oder auf mindestens 70 Dezibel(A) am Tage oder mindestens 60 Dezibel(A) in der Nacht erhöht wird.

Eine Änderung ist auch wesentlich, wenn der Beurteilungspegel des von dem zu ändernden Verkehrsweg ausgehenden Verkehrslärms von mindestens 70 Dezibel(A) am Tage oder 60 Dezibel(A) in der Nacht durch einen erheblichen baulichen Eingriff erhöht wird; dies gilt nicht in Gewerbegebieten".

Die Bundesregierung ergänzt in ihrer Begründung, daß

"der bauliche Eingriff (grundsätzlich) zu einer spürbaren Steigerung der Belästigung durch Verkehrslärm führen (muß). Eine spürbare Verschlechterung ist immer dann gegeben, wenn der bisher vorhandene Beurteilungspegel um mindestens 3 dB(A) erhöht wird. Auf eine Steigerung um mindestens 3 dB(A) kann es aber nicht mehr ankommen, wenn infolge des baulichen Eingriffes der Beurteilungspegel auf 70 / 60 dB(A) erhöht wird oder er vor dem baulichen Eingriff bereits über 70 / 60 dB(A) lag. Bei einer derartigen Belastung durch Verkehrslärm ist auch bei einer geringeren Lärmsteigerung, verursacht durch einen erheblichen baulichen Eingriff, Lärmvorsorge erforderlich."

Hiermit unterstreicht die Bundesregierung, daß Beurteilungspegel ab 70 dB(A) tags beziehungsweise 60 dB(A) nachts zu einer besonderen Belastung führen.

    Anmerkung:
    Gemäß der Festlegung, daß die errechneten Pegel beziehungsweise Pegeldifferenzen aus zwei voneinander unabhängigen Berechnungen aufgerundet werden müssen, genügt bei Pegeln über 70 / 60 dB(A) bereits eine Pegeldifferenz von 0,1 dB(A), um das Kriterium der wesentlichen Änderung zu erfüllen. Dies ist aus schalltechnischer Sicht unangemessen. Zum einen liegt eine Pegeldifferenz von 0,1 dB(A) weit unterhalb der Wahrnehmungsschwelle (stellt also definitiv keine spürbare Steigerung der Belästigung dar), zum anderen wird hier eine Genauigkeit vorausgesetzt, die eine akustische Prognoserechnung grundsätzlich nicht leisten kann. Zum Beleg sei auf die Testaufgaben zur Schall 03 beziehungsweise RLS-90 verwiesen, die in zahlreichen Fällen "richtige" Ergebnisse nicht punktgenau;, sondern in einer Marge von typischerweise 0,1 dB(A) oder 0,2 dB(A) ausweisen. Bei Pegeldifferenzen muß demnach immer mit einer möglichen Ungenauigkeit in doppelter Größenordnung gerechnet werden.

Ein Überschreiten der Immissionsgrenzwerte soll vorrangig durch bauliche Lärmschutzmaßnahmen an dem Verkehrsweg verhindert werden ("aktiver Lärmschutz"). Aktive Maßnahmen des Lärmschutzes sind Wälle und Wände, Einschnitts- und Troglagen, Teil- und Vollabdeckungen sowie Einhausungen. Verkehrliche Maßnahmen werden nicht zu den aktiven Maßnahmen gerechnet.

Nur aktiver Lärmschutz kann Menschen innerhalb und außerhalb von Gebäuden schützen. Damit wird durch aktive Lärmschutzmaßnahmen auch der Schutz des Umfeldes baulicher Anlagen verbessert.

Aktiver Lärmschutz kann unterbleiben, wenn die Kosten der Lärmschutzmaßnahmen an dem Verkehrsweg außer Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck stehen. Aktiver Lärmschutz kann ebenfalls unterbleiben, wenn Anlagen zum Lärmschutz mit dem Vorhaben unvereinbar sind. Dies ist im innerstädtischen Bereich durchweg der Fall.

Wenn aktiver Lärmschutz unterbleibt oder trotz aktiven Lärmschutzes die gültigen Immissionsgrenzwerte nicht eingehalten werden können, sind gemäß den Regelungen der 24. BImSchV erforderlichenfalls bauliche Verbesserungen an den Umfassungsbauteilen schutzbedürftiger Räume vorzunehmen, um die Einwirkungen von Verkehrslärm zu mindern ("passiver Lärmschutz"). Deren Ziel ist, zumindest innerhalb von Gebäuden ein hinreichendes Schutzniveau zu gewährleisten. In der Regel wird es sich hierbei um die Verbesserung der Fensterschalldämmung handeln, wenn das vorhandene Fensterschalldämm-Maß nicht den geforderten Wert aufweist. Im Falle von Schlafräumen oder Räumen mit sauerstoffverbrauchender Energiequelle gehört zu den Schallschutzmaßnahmen der Einbau von Lüftungseinrichtungen. Diese sollen auch bei geschlossenen Fenstern eine ausreichende Frischluftzufuhr sicherstellen. Lüftungseinrichtungen sind auch dann vorzusehen, wenn die erforderliche Schalldämmung der schutzbedürftigen Räume ohne zusätzliche Lärmschutzmaßnahmen bereits vorhanden ist.

Für verbleibende Beeinträchtigungen durch Überschreiten der Immissionsgrenzwerte auf Flächen, die zum Wohnen im Freien geeignet und bestimmt sind (bebaute und unbebaute Außenwohnbereiche), besteht nach § 74 Abs. 2 VwVfG iVm. § 42 Abs. 2 BImSchG ein Entschädigungsanspruch in Geld. Gemäß VLärmSchR 97 gilt dies explizit bei Bundesfernstraßen in der Baulast des Bundes. Eine entsprechende Regelung für Straßen im Geltungsbereich des Landes Berlin steht bislang aus.




Dimensionierung des aktiven und passiven Schallschutzes an Verkehrswegen

Home