Dimensionierung des aktiven und passiven Schallschutzes an Verkehrswegen

siehe auch: "Untersuchungen beim Bau oder der wesentlichen Änderung von Straßen und Schienenwegen"


Bei der Abwägung zwischen aktivem und passivem Lärmschutz an Verkehrswegen ist nach den Richtlinien für den Verkehrslärmschutz an Bundesfernstraßen in der Baulast des Bundes - VLärmSchR 97 zu untersuchen, ob die Kosten des aktiven Lärmschutzes im Verhältnis zum angestrebten Schutzzweck stehen. Die VLärmSchR 97 führen einzelne Kriterien für die Bewertung des Schutzzwecks an und untersetzen dies mit dem Hinweis, daß "wegen des vom Gesetzgeber normierten Vorranges aktiver Lärmschutzmaßnahmen (...) die Unverhältnismäßigkeit nicht nur unter rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten mit einem Vergleich der Kosten für aktive Lärmschutzmaßnahmen mit denen für passive Lärmschutzmaßnahmen begründet werden (darf)". Hiernach kann aktiver Lärmschutz zugunsten des passiven Lärmschutzes also nur dann unterbleiben, wenn "... zwischen Kosten und Nutzen ein offensichtliches Mißverhältnis besteht, d.h. der Aufwand für aktiven Lärmschutz nicht zu rechtfertigen ist". Schließlich kann aktiver Lärmschutz unterbleiben, "wenn die Anlagen zum Lärmschutz mit dem Vorhaben unvereinbar sind. (...) Dabei können auch dem Bau von aktiven Lärmschutzmaßnahmen berechtigt entgegenstehende Einwendungen berücksichtigt werden." Kriterien für die Unvereinbarkeit nennen die VLärmSchR 97 nicht.

Die VLärmSchR 97 unterstreichen, daß das Verhältnis zwischen Schutzzweck und Kostenaufwand für Maßnahmen an der Straße - und damit der gesamte Prozess der Abwägung zwischen aktivem und passivem Lärmschutz - "nach den Umständen des Einzelfalles" vorzunehmen sei. Eine standardisierte Vorgehensweise ist damit ausgeschlossen, und pauschale Aussagen - wie etwa der Hinweis, daß die Errichtung von innerstädtischen Lärmschutzwänden grundsätzlich nicht in Frage käme - sind kaum mehr möglich.

Innerstädtische Lärmschutzwände werfen besondere Fragen auf. Bei der Abwägung zwischen aktivem und passivem Lärmschutz ist über die Ermittlung des Kostenverhältnisses hinaus zu prüfen,

  • ob die Lage schutzbedürftiger Häuser die Errichtung einer Lärmschutzwand ausschließt,
  • ob eine Lärmschutzwand mit gewerblicher Nutzung von Gebäuden und Grundstücken vereinbar ist,
  • ob und in welchem Maße auch die oberen Stockwerke mehrgeschossiger Häuser geschützt werden können,
  • ob eine Lärmschutzwand ihr Schutzziel nicht zumindest teilweise verfehlt, wenn die zu schützenden Außenwohnbereiche nach hinten orientiert und durch das Gebäude selbst abgeschirmt sind,
  • ob eine flächen- und kostenintensive Neuerschließung von Grundstücken erforderlich wird (wenn diese denn überhaupt möglich ist),
  • ob durch längere Wege unzumutbare Beeinträchtigungen für die Anwohner entstehen,
  • ob ein ungehinderter Zugang für Rettungs- und Versorgungsfahrzeuge gewährleistet ist
  • und schließlich,
  • ob die Errichtung einer Lärmschutzwand zum Fortfall von Sichtbeziehungen und zur Verschattung von Grundstücken führt.



  • Home